Neoliberale EU-Politik verhindert solidarisches Miteinander

In den kommenden Tagen will die EU und die Türkei ein gemeinsames Rücknahmeabkommen zu Menschen auf der Flucht beschliessen: Ab Juni soll die Türkei alle Flüchtlinge zurückholen, welche über ihr Gebiet nach Griechenland gelangen. Für jeden so zurückgenommenen Syrer darf ein Syrer legal aus einem türkischen Flüchtlingslager nach Europa ausreisen. Zudem fordert die Türkei mehr Hilfszahlungen, schnellere EU-Beitrittsgespräche und die Aufhebung der Visa-Pflicht.

Ausgerechnet mit dem türkischen Staatschef, der mit seiner blutigen Politik gegen die kurdische Bevölkerung im eigenen Land und mit der Bombardierung der syrischen Kurden massgeblich zu den Flüchtlingsströmen beiträgt, geht die EU diesen höchst umstrittenen Schulterschluss ein. Erdogan treibt mit diesem Pakt die EU vor sich hin, die sich so eine dichte europäische Aussengrenze erkaufen will.

Eine «Festung Europa» ist allerdings ein absurdes Konstrukt. Bekanntlich führen viele Wege nach Europa. Es gibt immer Möglichkeiten, über die Grenze zu kommen. Je schwieriger diese «Reise der Hoffnung» wird, umso verzweifelter werden die Menschen und umso drastischer, gefährlicher und teurer werden die Schleppermethoden.

Es ist jedoch Aufgabe der Staaten, legale Migrationswege zu schaffen, Menschen auf der Flucht aufzugreifen, mit ihnen fair und menschenwürdig umzugehen und ihnen, wenn nötig, Schutz zu gewähren. Eine Möglichkeit dazu ist das sogenannte Botschaftsasyl, welches wir leider in der Schweiz 2013 mit der Asylgesetzrevision an der Urne abgeschafft haben. Statt die ganze Reise nach Europa anzutreten, wäre es möglich, direkt auf einer Botschaft im Ausland ein Asylgesuch einzureichen. Dort wird ein Vorentscheid gefällt und bei positivem Resultat ein legaler und sicherer Transport erlaubt.

Die europäischen Hotspots haben ein ähnliches Ziel. In diesen Zentren an der EU-Aussengrenze übernimmt der Staat den Empfang, die Verpflegung und medizinische Versorgung schutzbedürftiger Menschen. Dann wird eine Vorentscheidung getroffen, ob sie als Flüchtlinge behandelt werden. Doch diese Zentren liegen momentan auf der falschen Seite der Grenze. Die Menschen müssen erst einmal nach Lesbos oder Süditalien kommen, was oft auch nur durch Schlepper möglich wird. Solche Hotspots müssten in den Transitländern an den Migrationsrouten liegen. Somit hätte das widerliche Schlepperwesen ausgedient.

Wenn jedoch Waffenschmieden mit Lieferungen von Kriegsmaterial glänzende Geschäfte erzielen und den Staaten – wie beispielsweise Saudi-Arabien und die Türkei, welche Terror-Regime unterstützen – der rote Teppich ausgerollt wird, düngen diese Profiteure weiterhin den Boden, auf dem sich Flüchtlingsströme vermehren. Wer in Syrien zu einer Verbesserung der Lage beitragen will, muss einen stabilen Waffenstillstand unterstützen. Dies bedeutet, das Hofieren der Terrorbanden und die Lieferungen von Kriegsmaterial entschieden zu verhindern. Dazu kann auch unser Land einen Beitrag leisten. Denn: Die Schweiz kann mehr.

Es ist zynisch, dass die EU-Staaten bisher einzig die unmenschliche Schliessung der Balkanroute gemeinsam begrüssen. Momentan sitzen tausende Menschen auf der Flucht an der griechisch-mazedonischen Grenze in unhaltbaren Zuständen bei Kälte, Matsch und Regen fest. Die zentrale Forderung nach einem gemeinsamen Verteilschlüssel der Flüchtlinge auf die europäischen Staaten bleibt jedoch weiterhin umstritten. Die 28 Mitgliedsländer haben zu unterschiedliche ökonomische und politische Interessen.

Solange die EU ein Synonym für Zwiespalt und Krise bleibt; solange sich mit ihrer neoliberalen Politik der sozialen Kälte die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, rückt eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in weite Ferne.

Denn: Mit einer solidarischen Flüchtlingspolitik gibt es kein «Wir und die Andern» – sondern nur ein «Wir»!

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